Die Reformpartei

 

Freisinnig-Demokratische Partei

des Kantons Basel-Stadt

 

Basel, 22.03.06

Korrespondenzadresse für dieses Geschäft:

Rolf Stürm

Eulerstr. 33

4051 Basel          rolf@safpro.ch

 

 

Generalsekretariat der

Freisinnig-Demokratischen Partei der Schweiz

z.H. Frau Petra Studer

Neuengasse 20. Postfach 6136
3001 Bern 

 

 

Vernehmlassung zur

Verfassungsbestimmung über die Forschung am Menschen (Art. 18a BV)

und zum

Bundesgesetz über die Forschung am Menschen (Humanforschungsgesetz HFG)

 

 

Sehr geehrte Frau Studer

 

Zu der vom 01.02.06 bis 31.05.06 laufenden Vernehmlassung zum Art. 18a BV und HFG nimmt die FDP des Kantons Basel-Stadt wie folgt Stellung und bittet, diese Überlegungen in die Antwort der FDP Schweiz an das Eidgenössische Departement des Innern aufzunehmen.

 

1. Grundphilosophie

Als politische Partei, welcher der Forschungsplatz Basel und Schweiz ein zentrales Anliegen ist, betonen wir die Wichtigkeit der Forschungsfreiheit. Wir anerkennen genau so uneingeschränkt die Aufgabe des Staates, die Menschenwürde und die Persönlichkeit zu schützen. Obwohl die Sicherstellung der Qualität, der Transparenz und der günstigen Rahmenbedingungen für die Forschung keine primären Aufgaben des Staates sein können, befürworten wir, dass der Bund diese Anliegen mit einer massvollen Gesetzgebung fördert. Wichtig ist uns auch die Harmonisierung mit internationalen Richtlinien und Abkommen.

Der vorgelegte Entwurf zum Art. 18a BV und zum HFG erscheint uns ausgewogen.

 

2. Bundes- oder Kantonslösung

Der Forschungsplatz Basel erstreckt sich nicht nur über die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft, für die bereits eine gemeinsame Ethikkommission etabliert ist, sondern auch über Teile des Kantons Aargau und Solothurn. Aus diesem Grunde bevorzugen wir eine Bundeslösung mit regional organisierten Ethikkommissionen unter direkter Bundesaufsicht, um für den gesamten schweizerischen Teil des Bio-Valleys einheitliche Bewilligungsabläufe zu garantieren.


3. Probandenregister

Der Argumentation gegen ein Probandenregister können wir in weiten Teilen nicht zustimmen. Im erläuternden Bericht des EDI steht

 

Auch die Forderung nach der Schaffung eines Probandenregisters, wie es beispielsweise im Kanton Tessin oder in Frankreich besteht, beruft sich auf eine erhöhte Transparenz im Bereich von Studien mit gesunden Personen. Ein Probandenregister soll verhindern, dass einzelne Versuchspersonen in zeitlich kurzen Abständen immer wieder an neuen Forschungsprojekten bzw. zeitgleich an mehreren Forschungsprojekten teilnehmen (so genannte «Berufsprobanden und -probandinnen»). Dies hat zum Ziel den Schutz der Versuchspersonen zu erhöhen und die Aussagekraft von Studienergebnissen zu verbessern, die verfälscht werden könnten, wenn einzelne Personen an mehreren Studien teilnehmen.

Dass der vorliegende Gesetzesentwurf keine Bestimmung für die Führung eines Probandenregisters enthält, hat mehrere Gründe. Der Aufwand eines Probandenregisters, das sämtliche Datenschutzaspekte zu beachten hätte, erscheint zum einen unverhältnismässig gegenüber dem Risiko, das mit einer zu häufigen oder gleichzeitigen Versuchsteilnahme verbunden wäre. Dies vor dem Hintergrund, dass Studien über die Tessiner Situation belegen, dass faktisch nur sehr wenige Missbrauchsfälle vorkommen. Zum andern soll der Eigenverantwortung der Person, die an einem Forschungsprojekt teilnimmt, ein grosses Gewicht zukommen.

Es ist schwer nachvollziehbar, weshalb die zusätzliche Exposition eines Probanden oder einer Probandin mit einer bestimmten zu testenden Substanz (Teilnahme an einer weiteren Studie) als Grund für eine staatliche Kontrolle dienen soll, während andere Einflüsse wie Rauchen, Drogen, verschriebene oder selbst gekaufte Medikamente usw. in die Eigenverantwortung der Betroffenen gestellt werden sollen.

 

Dem halten wir entgegen:

a)     Aus liberaler Sicht kann theoretisch eine Eigenverantwortung der Probanden befürwortet werden. Praktisch würde dies jedoch dem Geiste von BV Art. 118a, Ziffer 2, Buchstabe a, Absatz 2 und den internationalen Richtlinien widersprechen, wonach der Schutz der teilnehmenden Personen gewährleistet werden muss. Die Eigenverantwortung ist nur im Selbstversuch zulässig. Der Vergleich mit dem eigenverantwortlichen Nikotin- und Drogenkonsum hinkt, da ein Probandenrisiko eher mit einem Berufsrisiko denn mit einem Freizeitrisiko zu vergleichen ist. Berufsrisiken dürfen nicht selbstverantwortlich in Kauf genommen werden, sondern werden durch die Arbeitssicherheitsgesetze minimiert und von der Suva überwacht.

b)     Zudem gilt das Prinzip der Eigenverantwortung im Strahlenschutz nicht. Hier gibt es Dosisgrenzwerte (Art. 10, Strahlenschutzgesetz), die auch mit Informed Consent nicht überschritten werden dürfen. Für Probanden gilt 1 mSv/Jahr oder 5 mSv in 5 Jahren (Art. 28, Ziffer 3 und 4 der Strahlenschutzverordnung). Der Strahlenschutzsachverständige ist für die Einhaltung des Dosisgrenzwerts verantwortlich. Die Einhaltung des Dosisgrenzwerts kann nur mittels eines Probandenregisters, in dem auch die Strahlendosen eingetragen werden, bewiesen werden.

c)      Die Erfahrung mit dem zentralen Dosisregister (Art. 53, Strahlenschutzverordnung) und dem französischen Probandenregister zeigt, dass ein Personenregister mit verhältnismässigem Aufwand betrieben werden kann. Zudem können das Konzept der Arbeitsgruppe StaR der Sanitätsdirektorenkonferenz vom 22.11.01 sowie der Beschluss der Oberrheinkonferenz vom 03.12.01 genutzt werden, um ein nationales Probandenregister, das den Anforderungen des Datenschutzes genügt, ohne grossen Zusatzaufwand zu realisieren.

d)     Die Gefahr, die für die Probanden und die Forschungsqualität im trinationalen Bio-Valley vom Probandentourismus ausgehen kann, wird von den Parlamenten von Basel-Stadt und Basel-Landschaft ernst genommen. Über 80 Grossräte und über 40 Landräte haben den Vorstoss „Sicherheit für Pharma-Probanden und Pharma-Forschung dank trinationalem Probanden-Register“ im Januar 2006 unterschrieben. Die Presse hat das Thema aufgenommen.

e)     Da wegen der unter b) beschriebenen Strahlenschutzvorschriften Forschung an gesunden Probanden mit der Positronen-Emissions-Tomograpie (PET) ohne Dosisregistrierung nicht möglich ist, müsste ohne Probandenregister auf diese Forschung in der Schweiz verzichtet werden. Die Bedeutung von PET wird im erläuternden Bericht des EDI in der Fussnote auf Seite 25 und im Text auf Seite 33 erwähnt. Die forschende Industrie Basels klärt zur Zeit ab, ob dieses Forschungsgebiet in der Schweiz aufgebaut oder nach USA vergeben werden soll.

 

 

Die Basler FDP fordert daher, dass

 

nach dem Art. 73 neu eingeschoben wird

Art. 73b Register der betroffenen Personen

1 Der Bund führt bei Forschungsprojekten ohne direkten Nutzen und bei Forschungsprojekten, die eine Strahlenexposition verursachen, ein nicht-öffentliches Verzeichnis der betroffenen Personen.

2 Der Bundesrat regelt:

a. den Inhalt dieses Registers sowie die Art des geschützten Zugangs dazu;

b. die Meldepflicht und das Meldeverfahren.

3 Der Bundesrat kann Organisationen des öffentlichen oder des privaten Rechts mit der Einrichtung und Führung des Registers beauftragen.

 

und dass der Bundesrat auf Verordnungsebene regelt:

Verordnung zum HFG, Präzisierung von Art. 73b2 HFG:

Zu melden sind:

  • die angeordnete Wartefrist;
  • bei Studien, die eine Strahlenexposition verursachen, die abgeschätzte Strahlendosis.

 

Strahlenschutzverordnung Art. 28 wird ergänzt:

6 Die abgeschätzte effektive Folgedosis jeder Versuchsperson ist dem Register gemäss HFG Art. 73b nach Versuchsabschluss zu melden.

 

Auf die explizite Erwähnung eines tri- oder internationalen Probandenregisters wird verzichtet, da der Bund mit Art. 73, Ziffer 2, HFG die Kompetenz erhält, Personendaten mit dem Ausland auszutauschen.

 

 

 

Mit freundlichen Grüssen

 

 

 

 

Dr. Rolf Stürm

Grossrat

 

 

 

Urs Schweizer

Präsident der FDP des Kantons Basel-Stadt

Grossrat

 


4. Beilagen und Links