Dr. Andrea Bollinger
Grossrätin
Altkircherstrasse 15
4054 Basel

 

29.04.06

 

 

Sehr geehrter Herr Regierungsrat,


Heute darf ich aus der Basler Zeitung erfahren, dass der Wirteverband Baselland aus den Gesprächen über das "freiwillige" Nichtraucherkonzept ausgestiegen ist. (Ich finde es generell etwas mühsam, dass ich als Parlamentarierin, die selber Nichtrauchervorstösse eingereicht hat, mir die Informationen "häppchenweise" aus der BaZ zusammenklauben muss.) Die Haltung des Gastroverbandes BL unterstreicht meine Überzeugung, dass "freiwillige" Vereinbarungen der denkbar falscheste Weg sind, einen wirksamen Nichtraucherschutz zu erreichen. Die einzig faire und wirkungsvolle Vorgehensweise ist eine klare, unmissverständliche gesetzliche Regelung; alles andere - in diesem Restaurant 40% Nichtraucherplätze, dort 60%, drüben "rauchfreie Essenszeiten" etc etc - führt nur zu Verwirrung und Streitigkeiten zwischen Wirten und Gästen und zwischen Rauchern und Nichtrauchern, dies haben Erfahrungen im Ausland KLAR gezeigt! Gleich lange "Spiesse" für jeden Wirt, klare Regelungen, damit nichtrauchende Gäste und vor allem Angestellte wirksam geschützt sind - dies ist die einzig vernünftige Lösung. Angesichts der gesicherten Erkenntnisse über die gesundheitlichen (und volkswirtschaftlichen!) Schäden, die Rauchen und Passivrauchen anrichten, dürfen die paranoiden Ängste der Wirte vor angeblichen Umsatzrückgängen (die im gastro-rauchfreien Ausland NICHT aufgetreten sind) keine Rolle spielen auf dem Weg zu einer gesetzlichen Regelung.

Die immer wieder gehörte Formulierung, dass die Betriebe eine gewisse Anzahl "Plätze für Nichtraucher" anbieten müssen, ist nicht überzeugend. Was bedeutet "Plätze für Nichtraucher"? Es ist Ihnen als Gesundheitsdirektor hoffentlich klar, dass es keine "Lösung" mit "Nichtraucherzonen" geben kann. Sobald in ein und demselben Raum "in gewissen Zonen" geraucht werden darf, ist dieser Raum verpestet und kann keinesfalls als rauchfrei gelten. Was Herr Ebneter vom BS-Wirteverband daherredet, von "Blumenrabatten" oder sonstigen Raumteilern, die einen Raum "in eine Raucher- und eine Nichtraucherzone aufteilen", ist medizinisch-naturwissenschaftlich gesehen völliger Unsinn. Die Schadstoffe im Zigarettenrauch halten sich natürlich nicht an die Aufteilung ein und desselben Raumes und verunreinigen die gesamte Raumluft, auch in der angeblichen Nichtraucherzone. Rauchen darf daher nur in klar bezeichneten, abgeschlossenen Räumen erlaubt sein.

Ich erlaube mir, hier die Empfehlungen der Eidgenössischen Kommission für Tabakprävention zu wiederholen (Info-Blatt März 2006):

"Der Abschluss von freiwilligen Vereinbarungen mit der Gastro-Branche wird von der EKTP nicht empfohlen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich die Gastro-Branche in der Regel wenig um die Gesundheit der Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter, Kundinnen und Kunden kümmert, und dass ihr prioritäres Ziel oft darin besteht, eine gesetzliche Regelung zu verhindern. Um das Rauchen trotzdem zu ermöglichen, steht die EKTP der Schaffung von Raucherräumen positiv gegenüber, allerdings ohne diese zu empfehlen. Dabei muss es sich um abgeschlossene, unbediente Räume handeln, die mit einer eigenen Belüftung ausgestattet sind. Keineswegs zulässig sind hingegen Lösungen mit offenen Raucher- und Nichtraucherzonen."

Ich hoffe doch, dass die beiden Basel diese eidgenössische Expertenmeinung nicht missachten - also: KEINE "offenen Raucher- und Nichtraucherzonen" als "Lösung" präsentieren!

Die verantwortungsvollen GesundheitspolitikerInnen beider Parlamente in BS und BL sind im Übrigen motiviert und bereit (in Zusammenarbeit mit der Lungenliga/Krebsliga beider Basel) für die Lancierung von Volksinitiativen in beiden Kantonen, um einen wirksamen Nichtraucherschutz gesetzlich zu verankern und so zu garantieren.

Mit freundlichen Grüssen
Andrea Bollinger