D R I N G L I C H E   M O T I O N (Landratsfraktion der FDP Baselland)

 

 

Zürich will Spitzenmedizin in Basel und Bern auslöschen!

 

 

1. Ausgangslage

 

Das Krankenversicherungsgesetz (KVG) verpflichtet die Kantone, im Bereich der hochspezialisierten Medizin (Spitzenmedizin) eine Konzentration respektive Koordination des Angebotes herbeizuführen. Sind die Kantone dazu nicht in der Lage, fällt die Entscheidkompetenz im Frühjahr 2006 dem Bund zu (Bundeslösung).

 

Demzufolge haben verschiedene Fachgruppen im Auftrag der Schweizerischen Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) ein Modell für die weitere Bearbeitung des spitzenmedizinischen Angebotes vorgelegt - ein konkretes Verteilungsangebot für einzelne Disziplinen wurde aber erst für die Transplantationsmedizin ausgearbeitet. Für den weitaus grösseren Teil der Spitzenmedizin wurden erst Instrumente zur weiteren Bearbeitung vorgelegt. Diese Arbeiten haben nun in eine „interkantonale Vereinbarung zur Spitzenmedizin“ (IVKKM) gemündet, welche den Kantonen zur Genehmigung vorgelegt wurde. Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt hat die Vereinbarung bereits einstimmig genehmigt, im Landrat des Kantons Basel-Landschaft ist das Thema traktandiert. Zur Ratifizierung wäre die Zustimmung von mindestens 17 Kantonen notwendig, darunter die Standortkantone der Universitätsspitäler (Basel, Bern, Genf, Lausanne, Zürich), denen somit faktisch ein Vetorecht zukommt.

 

Obwohl der Kanton Zürich in sämtlichen Arbeitsgruppen vertreten war und alle Vereinbarungen mitgetragen hat, will man dort nun durch Ausübung des faktischen Vetorechts die IVKKM zu Fall bringen. Zürich will eine Monopolstellung und beansprucht nicht nur alle Transplantationen, sondern die gesamte Spitzenmedizin für sich. Gewisse Zugeständnisse werden aus taktischen Gründen lediglich gegenüber der Westschweiz gemacht. Begründet wird dies ausschliesslich mit der Grösse des Einzugsgebietes. Die universitärmedizinischen Zentren Basel und Bern werden dabei in überheblicher Art und Weise aus der weiteren Planung ausgeschlossen, obwohl hier in verschiedenen Disziplinen nachgewiesenermassen eine höhere fachliche und klinische Kompetenz und somit eine bessere Qualität der Dienstleistung zugunsten der Patientinnen und Patienten besteht.

 

 

2. Mögliche Auswirkungen auf unsere Region

 

Für die Region Nordwestschweiz hätte die Umsetzung der Zürcher Intentionen schwerwiegende Konsequenzen: Die untrennbar mit der Spitzenmedizin verbundene medizinische Fakultät Basel, für deren Erhalt sich Parlamente und Regierungen beider Basel stets klar ausgesprochen haben, wäre gefährdet. Dies hätte bei Weitem nicht nur bildungspolitische sondern auch starke standort- und wirtschaftspolitische Folgen: die Zusammenarbeit mit der in Basel ansässigen Pharma- und Medizinalprodukteindustrie, die auf die Zusammenarbeit mit einem universitärmedizinischen Zentrum – gerade im Bereich der Forschung - grossen Wert legt, würde aufs Spiel gesetzt, zahlreiche Arbeitsplätze in unserer Region würden gefährdet. Hinzu kommt, dass die Region Nordwestschweiz in einem solchen Fall der eigenen Bevölkerung keinerlei spitzenmedizinische Dienstleistungen mehr anbieten könnte und entsprechende Behandlungen mit Reisen nach Zürich oder Genf/Lausanne verbunden wären. Gerade bei regelmässigen Behandlungen (z.B. Strahlentherapie) könnte dies zu vermehrten stationären Hospitalisierungen führen.

 

So würden auch sämtliche Bestrebungen im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Frage gestellt.

 

 

 

3. Schlussfolgerung

 

Diesem äusserst fragwürdigen und egoistisch motivierten Monopolisierungsversuch der Zürcher Behörden muss Einhalt geboten werden. Der richtige und weiter zu verfolgende Weg besteht darin, die Schwerpunktbildung, Vernetzung und Kooperation im Rahmen von 5 spezialisierten, spitzenmedizinischen Kompetenzzentren weiterzuentwickeln.

 

Hinzu kommt, dass innovative Versorgungsmodelle (z.B. Telemedizin, Einsatz mobiler Chirurgenteams etc.) wie sie in unserer Region bereits mit Erfolg praktiziert werden, im Rahmen einer monopolisierten spitzenmedizinischen Versorgung kaum eine Zukunft hätten.

 

 

4. Aufträge

 

Gestützt auf die obenerwähnten Ausführungen erteilt der Landrat dem Regierungsrat die folgenden Aufträge:

 

1.   Der Regierungsrat wird aufgefordert, gemeinsam mit den Regierungen der Kantone Basel-Stadt und Bern beim Bundesrat vorstellig zu werden, mit dem Ziel, die Weiterführung des in der universitären Medizin anerkannten 5-Standorte-Modells auch für die Spitzenmedizin zu erreichen. 

 

2.   Ferner sind die weiteren Mitgliedskantone der GDK Nordwestschweiz (Aargau, Luzern und Solothurn) sowie der Kanton Jura zu kontaktieren, mit dem Ziel, eine gemeinsame Haltung in dieser Sache zu formulieren.

 

3.   Weiter ist anzustreben, Exponentinnen/Exponenten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft für die Anliegen unserer Region in dieser Angelegenheit zu gewinnen.

 

4.   Die Projekte „Medizin Bern – Basel“ und „grenzüberschreitende Zusammenarbeit“ sind mit hoher Priorität fortzuführen.

 

5.   Um eine gute Startposition für eine allfällige Bundeslösung sicher zu stellen, sind die bereits vorhandenen innovativen Versorgungsmodelle vertieft zu prüfen und weiter zu verfolgen.

 

6.   Der Landrat ist periodisch über den Stand der Arbeiten zu orientieren.

 

7.   Sämtliche Arbeiten in dieser Sache sind in Absprache und gemeinsam mit dem Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt zu erledigen.

 

 

 

Dieser Vorstoss wird inhaltlich identisch im Grossen Rat Basel-Stadt durch die FDP-Fraktion eingereicht.

 

 

Der Fraktionspräsident und Verfasser:

 

 

 

Paul Schär

 

 

Die Motion wurde am 08.09.05 vom Landrat mit 75 Stimmen bei 2 Enthaltungen und keiner Gegenstimme als dringliches Postulat an den Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft überwiesen.

key words:

Spitzenmedizin, Interkantonale Vereinbarung über die Koordination und die Konzentration der Hochspezialisierten Medizin, IVKKM, Basel, Zürich, Grosser Rat, Landrat, Grossrat, FDP, Rolf Stürm